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Wie IPCEI bahnbrechende Forschung und Innovation in Wertschöpfung übersetzt

DI Dr. Klaus Bernhardt, MBA

Energie & Infrastruktur
Forschung & Innovation

bernhardt@feei.at
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Anfang Oktober 2020 starteten das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) den Aufruf zur Interessensbekundung an Unternehmen hinsichtlich der EU-Aktivität IPCEI. Important Projects of Common European Interest (kurz IPCEI) ist ein von der EU-Kommission ins Leben gerufenes zentrales Instrument zur Stärkung des europäischen und heimischen Wirtschafts-, Technologie- und Innovationsstandortes. Gemeinsam mit dem BMK, dem BMDW und der Industriellenvereinigung, lädt der FEEI zum Workshop für Unternehmen ein, die an dieser Möglichkeit partizipieren wollen.

Im Rahmen von IPCEIs wird der Markteintritt von Projekten mit hochinnovativen, forschungsintensiven Produkten oder von großen Infrastrukturprojekten unter gelockerten und mit den EU-Verträgen vereinbaren beihilferechtlichen Regeln gefördert. Mittels staatlicher Förderungen werden Unternehmensprojekte unterstützt, die einen wichtigen Beitrag zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und Wirtschaft in bedeutenden technologischen Zukunftsfeldern leisten. So können strategische und für die Versorgungssicherheit wichtige Zukunfts- und Schlüsseltechnologien auch künftig unabhängig von anderen Wirtschaftsräumen in Europa erforscht und herstellt werden.

Warum ist das wichtig?
Am Beispiel der Mikroelektronik kann veranschaulicht werden, warum es wichtig für Europa ist, einen unabhängigen und nicht-manipulierbaren Zugang zu solchen Technologien zu haben. Denn die technologische Grundlage für so gut wie alle Anwendungen und Geräte die wir heute als selbstverständlich tagtäglich verwenden, sind auf Mikroelektronik basierende sogenannte „elektronikbasierte Systeme“. Ohne sie wäre unser gesellschaftliches Leben so wie wir es gewohnt sind nicht möglich. Elektronik und Mikroelektronik sind aber auch die Basis der Digitalisierung und damit für viele zukünftige Geschäftsfelder, wie Automatisierung und Industrie 4.0.

Darüber hinaus bilden sie die Grundlage für neue Produktions- und Fertigungsarten, die auch für die Erreichung der Klimaziele eine wesentliche Rolle spielen. Vielmehr noch ist beispielsweise die Integration von erneuerbaren Energiequellen in unser Energiesystem untrennbar mit neuen digitalen Technologien verbunden. Effektiver Klimaschutz ist nur mit digitalen auf Mikroelektronik basierenden Technologien möglich. Und diese wichtigen Schlüsseltechnologien gilt es in Europa zu halten, denn nur aus einer technischen und digitalen souveränen Rolle heraus kann Europa die Digitalisierung und letztlich auch seine technologische und wirtschaftliche Zukunft selbstbestimmt gestalten. Dafür sind nachhaltige Wertschöpfungsketten und zukunftsfähige Arbeitsplätze, die durch IPCEI wesentlich begünstigt und gestärkt werden, notwendig.

Europa zwischen den Fronten
Dass die Sorgen hinsichtlich des Abzugs wichtiger Zukunfts- und Schlüsseltechnologien nicht unbegründet sind, zeigt der Umstand, dass diese Technologien im Mittelpunkt aktueller und jüngst vergangener geopolitischer Auseinandersetzungen, allen voran dem Handelsstreit zwischen den USA und China, standen und stehen. Embargos auf mikroelektronische Komponenten waren ob der Bedeutung dieser Technologien für uns schon heute ein beliebtes Mittel, um geopolitisch Druck zu erzeugen und Interessen durchzusetzen. Es klingt sehr drastisch, ist aber Realität: Früher kämpfte man mit Militärs, heute kämpft man mit Technologie.

Europa befindet sich in einem harten Wettkampf um diese so wichtigen Zukunfts- und Schlüsseltechnologien, der von Akteuren wie den USA und China mit klaren strategischen Zielsetzungen geführt wird. Bereits 2013 hat deshalb auch die EU-Kommission die Mikroelektronik als Key Enabling Technology (KET) definiert. Ungeachtet dessen haben Drittstaaten in den vergangen Jahren gezielt und systematisch strategisch wichtige europäische Unternehmen und Technologien durch Direktinvestitionen aufgekauft und abgeworben. Um die technologische und digitale Souveränität Europas nicht weiter zu gefährden, braucht es deshalb einen gesamteuropäischen Zugang zu Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionskapazitäten bei Technologien wie der Mikroelektronik. IPCEIs ermöglichen es, diese wichtigen Kapazitäten innereuropäisch aufzubauen.

Wie geht’s nun weiter?
Bereits im November 2018 wurde von der Europäischen Kommission das erste IPCEI im Bereich Mikroelektronik notifiziert. Österreich sucht derzeit um die nachträgliche Teilnahme am IPCEI Mikroelektronik I an. Im Rahmen der Teilnahme an einem zweiten IPCEI Mikroelektronik sollen nun, zusätzlich zu den technisch orientierten Technologiefeldern des ersten IPCEI, weitere Technologiefelder mit stärkerer gesellschaftlicher Ausrichtung wie Klimawandel und digitale Souveränität adressiert werden. Ebenso können durch ein IPCEI Mikroelektronik II die durch das IPCEI Mikroelektronik I entstandenen europäischen Partnerschaften und Wachstumsprojekte voll wirken und den besten Nutzen für alle beteiligten Partner bringt.

Der FEEI unterstützt die Teilnahme an IPCEIs (vor allem im Bereich Mikroelektronik) bereits seit längerer Zeit sehr intensiv und ist auch nun aktiv am Prozess der Bewusstseinsbildung für ein IPCEI Mikroelektronik II bei heimischen Technologieunternehmen beteiligt.

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